Veränderungen im Strafverfahren

In der letzten Zeit sind einige Gesetze in Kraft getreten, die so manches im Strafverfahren und an der Repressionspalette des Staates verändert haben. Damit ihr wisst, worauf ihr euch einstellen müsst und wie ihr euch dagegen wappnen könnt, hier eine kurze Zusammenfassung:

Blutentnahme ohne richterliche Anordnung

Die Bullen brauchen jetzt keine richterliche Anordnung mehr für die Entnahme einer Blutprobe, wenn sie euch verdächtigen bestimmte Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten im Straßenverkehr begangen zu haben. Dabei geht es vor allem um die Vorwürfe: Trunkenheit im Verkehr, Fahren mit mehr als 0,5 Promille Alkohol im Blut und Verstoß gegen das Alkoholverbot für Fahranfänger*innen.

Im Klartext heißt das: immer wenn die Bullen euch verdächtigen (oder das zumindest behaupten) Alkohol oder Drogen konsumiert zu haben und trotzdem Auto zu fahren, können sie selbstständig eine Blutentnahme anordnen. Die muss natürlich trotzdem noch von Ärzt*innen durchgeführt werden, es schaut nur eben kein*e Richter*in mehr drüber. Da die Bullen aber auch für einen Verdacht immer noch irgendwelche Anhaltspunkte brauchen, fragt in jedem Fall ganz genau nach, worauf sich ihr angeblicher Verdacht gründet! 

Zeug*innenvernehmung bei den Bullen

Die neue Regelung sagt, dass nun auch Zeug*innen verpflichtet sind, bei den Bullen zu erscheinen, wenn sie von diesen vorgeladen werden und wenn dieser Ladung ein Auftrag der Staatsanwaltschaft zu Grunde liegt. Früher konnte man die Ladungen der Bullen getrost ignorieren. Eine Pflicht zum Erscheinen gab es erst bei einer staatsanwaltlichen Vorladung.

Der knifflige Punkt bei der neuen Regelung ist: bisher wissen wir noch nicht, ob aus der Ladung der Bullen hervorgehen wird, dass ihr ein Auftrag der Staatsanwaltschaft zu Grunde liegt oder nicht. Vermutlich kann man das erstmal nur mit einem Blick in die Ermittlungsakten herausfinden. Solltet ihr also als Zeug*in vorgeladen werden, kommt auf jeden Fall vorher beim EA vorbei oder erkundigt euch bei einer Anwält*in, was zu tun ist!

Und ansonsten gilt wie immer: Anna und Arthur halten’s Maul!

Fahrverbot als Nebenstrafe

Die Gerichte dürfen nun zusätzlich zu Geld- und Freiheitsstrafe ein Fahrverbot als Nebenstrafe verhängen und zwar unabhängig davon, ob die verurteilte Straftat etwas mit Autos oder Straßenverkehr zu tun hat. Das Fahrverbot darf von einem bis zu sechs Monate dauern.

Die polizeilichen DNA- Befugnisse wurden erweitert.

Ab jetzt dürfen die Bullen DNA-Proben auch auf die angebliche Abstammung und das Geschlecht einer Person untersuchen. Die Analyse von Haut-, Haar- und Augenfarbe soll dabei als unproblematisch gelten, da es sich um „äußerlich erkennbare Merkmale“ handele. Aber Technologien wirken nicht im luftleeren Raum. Dass mit dieser Form der (im übrigen stark fehleranfälligen) Analyse das derzeitige rassistische Klima noch verstärkt werden wird, ist klar.

Das Gesetz macht es außerdem möglich, bei DNA-Reihenuntersuchungen auch nach Verwandten zu suchen, die selbst nicht an dem Test teilgenommen haben.

Bis jetzt wurden bei Massengentests die DNA-Proben, die „freiwillig“ oder unter sozialem Druck abgegeben wurden, mit dem gesuchten DNA-Profil vom Tatort verglichen. Ab jetzt ist es erlaubt, die Verwandten (bis zur Tante und zur Nichte) einer teilnehmenden Person unter Verdacht zu stellen und gegen sie zu ermitteln, wenn es eine Teilübereinstimmung zwischen DNA-Probe der Person und dem gesuchten DNA-Profil gibt. Nicht nur, dass die Fehlerquellen bei solchen Massengentests hoch sind, es werden auch Menschen erfasst, die nie informiert wurden und die nie in ihre Erfassung eingewilligt haben!

Genaueres erfahrt ihr hier

Staatstrojaner

Bei einer langen Liste an Straftaten (unter anderem auch die Bildung einer kriminellen Vereinigung nach § 129 StGB) wo bisher ein Telefon abgehört werden durfte, dürfen die Bullen und die Staatsanwaltschaft in Zukunft Smartphones und andere Geräte direkt mit Schadsoftware infizieren. Sie dürfen dann zum einen die laufende Kommunikation direkt „an der Quelle“ abgreifen, also bevor sie ver- oder nachdem sie entschlüsselt wurde. Das ist die sog. Quellentelekommunikationsüberwachung.

Zum anderen dürfen sie bei der noch weiter gehenden Onlinedurchsuchung IT-Geräte vollständig durchsuchen und sämtliche gespeicherten und übermittelten Inhalte auswerten. Die Onlinedurchsuchung dürfen sie dabei nur bei dem Verdacht auf besonders schwere Straftaten anwenden. Mal sehen…

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Wir halten euch über die Anwendung der neuen Regeln auf dem Laufenden.