Der 1. Mai war dieses Jahr von der juristischen Seite der Repression eher gemäßigt. Unsere Zahlen entsprechen weitestgehend denen, die in der Presse veröffentlicht wurden. Wir wissen von insgesamt 9 Haftbefehlen gegen Betroffene von denen zwei nicht haftverschont wurden, was bedeutet, dass diese jetzt in Untersuchungshaft sitzen. Auch wenn wir nicht alle Menschen bei den geplanten 32 Vorführungen anwaltlich versorgen konnten, haben wir dies bei allen versucht. Wenn Leute keine_n Anwält_in sehen wollen, können wir und die Anwält_innen leider herzlich wenig machen. Erschreckend fanden wir, dass anders, als die Darstellungen der Presse vermuten lassen, die Ereignisse rund um den diesjährigen 1. Mai überhaupt nicht friedlich waren. Klar haben wir mitbekommen, dass es zu Stein- und Flaschenwürfen kam. Aber deutlich mehr als in letzten Jahren bekamen wir Meldungen von Verletzten.
Ab 20:50 wurden uns folgende Fälle gemeldet:
- Nach der Auflösung der Demo durch die Polizei muss eine Person inturbiert werden und mit einem Defibrilator wiederbelebt werden
- Eine andere Person lag eine halbe Stunde lang bewusstlos auf der Straße rum, bevor sie mit dem Rettungswagen ins Krankenhaus kam
- Eine Person musste nach Tritten in die Magengegend mit einem Bauchtrauma im Krankenhaus behandelt werden
- Bei einem Angriff auf die Demo wurde eine Person mit Schnitten im Gesicht verletzt
- 2 Personen wurden uns aus dem Urban-, bzw. Bundeswehrkrankenhaus gemeldet, wobei hier natürlich Überscheidungen denkbar sind
- um 3 Uhr nachts liegen auf der Naunynstraße mehrere Personen in Rettungsdecken gehüllt auf dem Gehsteig und warten auf ihren Abtransport mit dem Rettungswagen
Das heißt nicht, dass solche Sachen nicht auch in den Jahren vorher passiert sind, wir haben es als EA im Büro bisher nicht in diesem Ausmaß mitbekommen.
Weiter haben wir den Eindruck, dass die Demo nie nach Mitte hätte kommen sollen, der Angriff an der Lindenstraße und die darauf folgende Auflösung also geplant war. Dafür sprechen sowohl Beobachtungen, dass sich in Mitte selber nur äußerst wenig Polizei und Absperrungen befanden, als auch das grundlose Stoppen der Demo und der darauf folgende unverhältnismäßige und brutale Angriff.
Ein weiterer Schwerpunkt polizeilichen Vorgehens und polizeilicher Gewalt war die My-Fest-Bühne beim Trinkteufel in der Naunynstraße nach Mitternacht. Hier kam es immer wieder zu Festnahmen und massiver Gewalt der Polizei gegen die anwesenden Leute. Unseren Informationen zur Folge fuhr die Polizei hier ein gezielt eskalatives Konzept, um Festnahmen zu provozieren.
Zusätzlich zur GESA in der Kruppstraße und am T-Damm wurden Leute auch in der Friesenwache und in einer „Freiluft-GESA“ bei Vattenfall in der Köpenicker Straße festgehalten. Wir suchen noch Leute, die in dieser „Freiluft-GESA“ festgehalten wurden. Wir haben zwar davon gehört aber noch keine genauen Erkenntnisse über die Abläufe dort. Meldet Euch also bei uns in der Sprechstunde wenn Ihr dort gewesen seid oder in einer anderen nicht genannten Wache/Knast.
An dieser Stelle der Aufruf an alle, die Betroffene von Festnahmen und Polizeigewalt wurden:
Meldet Euch bei uns, gerade bei den oben beschriebenen Verletzungen haben sich teilweise bereits Zeugen gemeldet. Und natürlich auch der Aufruf an alle: Schreibt Gedächtnisprotokolle, kommt bei Fragen zu uns in die Sprechstunde und wenn Ihr uns unbedingt E-Mails schreiben müsst, nutzt PGP! Unseren Key findet ihr hier.